25.03.2020

Tag 10 in der Zeit des Corona - Fastens

Heute hatte ich die erste Beerdigung in der Zeit von Corona. Während normalerweise zwischen 50 und 100 Menschen aus dem Dorf kommen, um von einem Gemeindeglied Abschied zu nehmen, waren es heute gerade einmal sechs Personen. Alles fand draußen statt und mit dem angemessenen Abstand der Menschen zueinander. Bei Beerdigungen ist es üblich, zuerst in der Trauerhalle den Menschen, der von uns gegangen ist, zu würdigen in seiner Biografie und ihn mit Gebet und Segen Gottes Güte und Barmherzigkeit anzubefehlen. Dann gehen wir auf den Friedhof und bestatten den oder die Verstorbene, bevor wir uns in der Kirche sammeln, um das Wort Gottes in einer Ansprache zu hören und die Trauernden in unsere Fürbitten einzuschließen. Heute fand das alles draußen statt. Die Abläufe sind etwas anders, wir können nicht in die Kirche, aber was für mich viel wesentlicher und auch bedeutsam ist: Es fehlt das, was in Trauerprozessen so wichtig ist: Die Nähe der Menschen zueinander in einer Umarmung, das Kondolieren, der Körperkontakt. In den vielen Jahren der Notfallseelsorge ist mir mehr und mehr wichtig geworden, dass meine Worte in den Hintergrund treten, dafür aber der körperliche Kontakt, die Zuwendung über die Hände, eine Umarmung, das Halten und Haltgeben eines Menschen mir und auch den Trauernden viel gegeben haben.
Das ist jetzt anders und ich vermisse es sehr. Sicher, durch die Worte kann ich auch Nähe schaffen trotz körperlicher Distanz, aber ich spüre die Ängste der Menschen, auch noch in der Trauerfamilie.
Als Kirchengemeinde werden wir - sobald wieder ein normaler Alltag auch in unseren Gemeinden eingekehrt ist, Erinnerungsgottesdienste anbieten, um den Menschen würdigend zu gedenken, die in diesen schweren Zeiten von uns gegangen sind.
Heute Abend gibt es wieder eine neue Brise, die von Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorstehern und Gemeindegliedern in den Kirchen abgeholt werden und in die Briefkästen unserer älteren Gottesdienstbesucher eingeworfen werden.
Ökumenisch sollen in Deutschland jeden Abend nun um 19.30 Uhr die Glocken für ein bis zwei Minuten läuten für das Gebet zu Hause. Wir möchten dabei erst einmal nicht mitmachen. Bei uns in den Dörfern läuten die Glocken zu ihren festen Zeiten und gerne kann dabei auch ein Gebet gesprochen werden.

wie jeden Tag wieder eine kurze Brise zu der Herrnhuter Tageslosung:

"Wie kehrt ihr alles um! Als ob der Ton dem Töpfer gleich wäre, dass das Werk spräche von seinem Meister: Er hat mich nicht gemacht! und ein Bildwerk spräche von seinem Bildner: Er versteht nichts! "   (Jesaja, Kapitel 29, Vers 16)

Alles steht Kopf - meint Jesaja und sucht mit drei Ausrufezeichen !!! den Menschen den Kopf wieder zurecht zu rücken.
"Er versteht nichts!" Rede von Mensch an Gott. Der Mensch versteht besser als Gott. Weiß alles besser. Das Bild wendet sich gegen den Künstler. So wird das nix! Irgendwie total abgefahren find ich das.
"Er hat mich nicht gemacht!" Das Tongefäß meldet sich beim Töpfer. Unter seinen Händen und mit seiner Kunst ist es entstanden. Und wie ein kleines Kind stellt es sich trotzig und motzt. Du hast mich nicht gemacht. Aller Offensichtlichkeit entgegen.
Ist die Menschheit so? frage ich. Verwechselt Ton und Töpfer, Künstler und Bildnis. Setzt sich ins Werk, als könne sie alles. Und vor allem alles besser!
"Wie kehrt ihr alles um!" Jesaja gegen den Rest der Welt. Zumindest gegen König und Hofstaat. Die stellen alles auf den Kopf. Machen aus Recht Unrecht und aus Unrecht Recht.



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Auf ein Wort - zum Sonntag Judika, 03.04.2022