26.03.2020

Tag 11 während des Corona - Fastens

Beerdigung Nr. 2 in dieser Woche unter den gegebenen Umständen, diesmal in Frei-Weinheim. Vier Familienangehörige warten vor der schönen Trauerhalle im angemessenen Abstand. Nur kurz währt der Verkündigungsteil. Nach der Aussegnung der Urne geht es hinaus auf den Friedhof. Der Friedhofsbeamte vorne weg, dann ich und dann in angemessener Distanz die nächsten Angehörigen. Am Grab dann wird die Urne in das Grab versenkt. Was ich gestern vergessen hatte, zu sagen. Auch der dreimalige Erdwurf ist nicht mehr möglich. Mit der Bestattung, Vater Unser und Segen und ein paar Worten des Austauschs gehen wir auseinander. Ich habe gestern nach Worten gesucht, die diese Form beschreiben. Heute kann ich sagen: ich finde es   t r o s t l o s ! Das, was ich geben und mit dem Heiligen Geist weitergeben kann, das braucht nicht nur das Wort. Das braucht es auch, aber es braucht eben auch die Zuwendung, den Kontakt, den körperlichen Kontakt. Nicht unbedingt von mir zu den Angehörigen, aber der Trauernden untereinander. Trösten - das ist doch  - in den Arm nehmen, wenn mir danach zumute ist, mich halten, wenn die Tränen nicht aufhören möchten zu rinnen, mir stumm die Hand halten, oder mich einfach nur anlehnen - wo bleibt das in dieser Zeit? Ich möchte mir den Druck nicht vorstellen, dem Angehörige ausgesetzt sind, wenn ein im Dorf beliebter und anerkannter Mensch stirbt, oder ein plötzlicher Todesfall das Leben überschattet. Und den auch ich dann spüren werde. Wer darf alles mit zur Beerdigung, wenn die Zahl auf 10 Personen beschränkt ist. Es ist gut, anbieten zu können, dass wenn diese Pandemie vorüber sein wird, wir Requien anbieten zu einem würdevollen Gedenken an Menschen, die in dieser Zeit gestorben sind. Jede und jeder sollte dazu die Möglichkeit haben!
Nach der Beerdigung, wenn schon mal in Ingelheim, dann auch schnell, soweit das geht, noch etwas einkaufen. Getränke im Getränkemarkt. Der Marktleiter, freundlich aber bestimmt. Man spürt die Anspannung allenthalben. Danach noch zum Metzger nach Schwabenheim. Man trifft halb Bubenheim! Hier klappt alles. Die hier einkaufen, bringen Zeit mit. Stehen auf Abstand und unterhalten sich über die Krise und wie lange sie dauern wird. Klagen über manche Zeitgenossen, die immer noch nicht wissen, wie viel 1,5 m Abstand bedeuten. Man möchte ihnen zuraunen: so viel Abstand wie bei Tempo 130 auf der Autobahn zum Vordermann!


Heute mal nicht die Losung aus Herrnhut, sondern der Lehrtext. Manchmal passen die gezogenen Worte aus der Losung halt nicht in den Tag, dafür aber vielleicht der Lehrtext, der der Losung zur Seite gestellt wird:

"Die Traurigkeit nach Gottes Willen wirkt zur Seligkeit eine Umkehr, die niemanden reut."
(2. Korintherbrief, Kapitel 7, Vers 10)
Traurig bin ich, heute Abend wäre zu normalen Zeiten die Generalprobe für unser Theaterspiel in Bubenheim in der Sport- und Kulturhalle. Seit August waren wir am proben und hatten viel Spaß mit dem Stück "Pension Schöller" und auch mit uns als Spielerinnen und Spieler. Es hätte so schöne werden können. Heute Abend, Morgen Abend Premiere und dann Samstag ein letztes Mal "Vorhang auf". Nun mussten wir das Stück verschieben. Schade und ein paar Tränen dazu! Aber wir kehren um! Wir bereuen nichts! Wir werden dieses Stück spielen. So Gott will und wir leben!
Traurigkeit kann uns zum Innehalten bewegen. Dazu sind wir jetzt gezwungen. Alles verlangsamt sich. Das ist auch die Chance, herunterzufahren und sich bewusst neu zu orientieren, dh. auszurichten. Was ist wichtig? Was tut mir gut und anderen? Mit dem Stillstand kommt irgendwann auch wieder Bewegung ins Leben. Und vielleicht muss es ja nicht gleich heißen: weiter so! Wir lernen gerade durch die Traurigkeit dieser Zeit, worauf es ankommt. Das kann Seligkeit bewirken. So nennt die Bibel Glück im Überfluss.

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