Nicht schlecht, Herr Specht !

21.04.2020

Tag 36 in der Zeit des Corona - Fastens

Beim Fensterputzen blicke ich nach draußen in den Garten. Ein alter Bekannter ist wieder da. Der Buntspecht. Da sitzt er unten im Gras und holt sich genüsslich eine Walnuss vom letzten Jahr. Fliegt auf den Baum und knackt die Nuss. Gekonnt gemacht. Nicht schlecht, Herr Specht. Als ich mit dem Putzen weitermache, fühlt er sich gestört und zieht sich zurück. Heute nutze ich keinen Ausflug in die wieder eröffnete Geschäftswelt. Habe gestern mit der Kindergartenleiterin gesprochen. Nach den vier Wochen Shutdown fühlen sich die Eltern mehr und mehr von ihren Kindern gestresst. Alle pochen jetzt darauf, eine Ausnahmeregel zu bekommen, um die Kinder in den Kindergarten bringen zu können. Jetzt, wo sich der Shutdown etwas lockert, meinen Eltern, dass sie ihre Kinder wieder in den Kindergarten bringen könnten. Das geht so leider nicht. Viele haben es wohl hingenommen, als alle zu Hause bleiben mussten, nun aber ist dieses Zugeständnis ausgeschöpft und wohl auch Energien aufgebraucht. Allerdings müssen sie damit wohl noch etwas länger leben.
Heute - und jetzt mal was ganz anderes als Corona: heute ist Yom Ha Shoah, Erinnerungstag an den Holocaust. Ich habe vor Jahren den Tag in Jerusalem miterleben können. Wenn um die Morgenzeit plötzlich alle Sirenen beginnen zu heulen. Alle Autos bleiben stehen, die Insassen steigen aus. Alle Ampeln werden ausgeschaltet und für einen Moment liegt das ganze öffentliche Leben dieser ansonsten so lebendigen Stadt brach. Und ich erinnere mich an Yad Vashem, wie meine Tränen nicht aufhören wollten, zu rinnen, als ich mit der Gruppe aus Ingelheim durch den Raum mit der einen Kerze und den vielen Spiegeln ging, abgedunkelt und immer wieder spricht eine Stimme aus dem Off den Namen eines Kindes, sein Geburts- und Sterbedatum und den Ort seiner Ermordung. Das ist fast nicht auszuhalten. Wie eigentlich alles in Yad Vashem. Dieser Ort, der erinnert an die massenhafte Ermordung von Juden durch Deutsche. Ein solcher Tag ist und bleibt wichtig - auch und gerade wenn in dieser Woche wieder Montags Menschen zu Pegida-Aufmärschen sich in Dresden treffen.



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