PARADOX: Nähe bedeutet Distanz, Distanz bedeutet Nähe.

07.05.2020


Tag52 innerhalb der Corona - Fastenzeit

An manche Parodoxien dieser Zeit muss ich mich immer noch gewöhnen. Abstand halten ist das neue Zeichen für Nähe. Einem zu nahe kommen ist ein Zeichen Nicht-Wertschätzung. Wer mir zu nahe tritt, den bestrafe ich mit bösen Blicken. Wer mir dagegen mit Abstand und Alltagsmaske entgegentritt, dem begegne ich mich einem Lächeln - leider hinter der Maske nicht immer zu sehen. Darum trage ich meist noch ein smiley auf meiner Maske und deute darauf.
Die 1. und die 2. Bundesliga dürfen Fußball spielen, aber Kindern auf der Straße und dem Bolzplatz ist das verboten. Geht es hier wirklich um das richtige Rascheln zwischen Daumen und Zeigefinger?
Oder hält es unsere Regierung mit dem alten Rom: Brot und Spiele für das Volk.
Um die Einschränkungen im individuellen und gesellschaftlichen Leben etwas abzumildern, dürfen die Stars des Fußball in leeren Stadien die Runde zu Ende spielen. Hauptsache, der Rubel rollt. Ein Schelm, wer Schlechtes dabei denkt.
Insgesamt lebt es sich ein mit dem Exit des Lockdowns. Die Kinder aus der vierten Klasse warten wieder lautstark an der Bushaltestelle gegenüber unseres Pfarrhauses. Bald kommen die Drittklässler dazu, einige freuen sich schon darauf. Ob das gelingt, werden wir sehen. Immer noch schwer haben es Eltern mit Kleinkindern, da die Kindergärten immer noch im Notbetrieb sind. Ich bin gespannt, wie lange das gut geht und wie sich das Verhalten der Kinder in dieser Zeit verändert hat.
Es entsteht so etwas wie "Normalität" im Ausnahmezustand. Ihr merkt auch darin die Parodoxie. Ich hoffe nicht, dass diese Form der Normalität uns für die nächsten Jahre bleiben wird, ahne aber, dass es so kommen könnte.
Viel hängt nun ab von unserer Eigenverantwortung Hatten das nicht auch die Schweden von Beginn an als Lösung angesehen?
In der Tageslosung der Herrnhuter Brüdergemeinde von heute gibt es ein Wort, das wir für diese Zeit, glaube ich gut gebrauchen können:

"Du bist ein Gott der Vergebung, gnädig und barmherzig, langmütig und reich an Güte." (Nehemia, Kapitel 9, Vers 17)

Langmütig - das ist das Wort. Für lange Zeit werden wir Mut brauchen. Denn Übermut wird wird neuem Lockdown und neu zu entstehender Demut bestraft. Wir werden noch länger aushalten müssen mit unserem Mut zur körperlichen, nicht sozialen Distanz. Sozial brauchen wir Nähe, körperlich mindestens 1,5 m Abstand. Das ist der Mut, der von uns verlangt wird.

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